Vorwort
Fahrerinnen und Fahrer, die gewerblichen Güterkraft- und/oder Personenverkehr auf öffentlichen Straßen durchführen, müssen eine besondere Qualifizierung nachweisen, um in diesen Bereichen selbständig oder abhängig tätig sein zu dürfen. Betroffen sind Fahrerinnen und Fahrer von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr sowie solche von Fahrzeugen mit mehr als acht Fahrgastplätzen im Personenverkehr. Diese Seite soll Ihnen einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen sowie Qualifikationsmöglichkeiten geben.
Rechtlicher Hintergrund
Die obligatorische Qualifizierung von Fahrpersonal im Güter- und Personenverkehr sieht die europäische "Richtlinie 2003/59 über die Grundqualifizierung und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr" vor. Die Umsetzung erfolgte in Deutschland durch das "Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz - BKrFQG)" vom 14. August 2006, das am 1. Oktober 2006 in Kraft getreten ist. Das BKrFQG wurde durch die "Verordnung zur Durchführung des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes" (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung - BKrFQV) vom 22. August 2006 (BGBl. I 2006, 2108) ergänzt, welche insbesondere Regelungen zum Umfang des Unterrichts für die "beschleunigte Grundqualifikation" (140 Stunden zu je 60 Minuten) und die Weiterbildung (35 Stunden zu je 60 Minuten), die Ausbildungs- und Prüfungsinhalte sowie über den Nachweis der Grundqualifikation und der regelmäßigen Weiterbildung (Schlüsselzahl 95 des Führerscheins, entsprechende Angaben in der Fahrerbescheinigung oder sonstiger Nachweis) enthält. Die BKrFQV tritt parallel zum BKrFQG am 1. Oktober 2006 in Kraft.
Ziel der EU-Richtlinie und deren Umsetzung ist eine Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie der Sicherheit der Fahrerinnen und Fahrer. Der Gesetzgeber erhofft sich durch die verpflichtende Qualifizierung die Entwicklung eines defensiven Fahrstils sowie eines rationellen Kraftstoffverbrauches.
Die nationalen rechtlichen Bestimmungen sind auf der Homepage des Bundesamts für Güterverkehr abrufbar.
Diese können Sie auf der Seite des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) aufrufen (siehe Linkliste auf dieser Seite).
Obligatorische Qualifizierung von Fahrpersonal
Pflicht zur Grundqualifikation
Die Pflicht zur Grundqualifikation besteht grundsätzlich für selbständige und angestellte Fahrerinnen und Fahrer, die
- deutsche Staatsangehörige sind,
- Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind oder
- Staatsangehörige eines Drittstaates sind und in einem Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschäftigt odereingesetzt werden,
und Fahrten zu gewerblichen Zwecken (dies umfasst auch Werkverkehr und Transporthilfstätigkeiten) auf öffentlichen Straßen mit Kraftfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse größer 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE) oder mit Kraftfahrzeugen mit mehr als 8 Fahrgastplätzen im Personenverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen D1, D1E, D, DE) durchführen.
Ausnahmen
Ausgenommen von dieser Regelung sind Fahrten mit Kraftfahrzeugen,
- deren zulässige Höchstgeschwindigkeit 45 Kilometer pro Stunde nicht überschreitet,
- die von der Bundeswehr, der Truppe und dem zivilen Gefolge der anderen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, den Polizeien des Bundes und der Länder, dem Zolldienst sowie dem Zivil- und Katastrophenschutz und der Feuerwehr eingesetzt werden oder ihren Weisungen unterliegen,
- die zur Notfallrettung von den nach Landesrecht anerkannten Rettungsdiensten eingesetzt werden,
- die zum Zwecke der technischen Entwicklung oder zu Reparatur- oder Wartungszwecken oder zur technischen Untersuchung Prüfungen unterzogen werden,
- die in Wahrnehmung von Aufgaben, die den Sachverständigen oder Prüfern im Sinne des § 1 Kraftfahrsachverständigengesetzes oder der Anlage VIII b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung übertragen sind, eingesetzt werden,
- die neu oder umgebaut und noch nicht in Betrieb genommen worden sind,
- zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer oder die Fahrerin zur Ausübung des Berufs verwendet, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeugs nicht um die Hauptbeschäftigung handelt. Hierunter fallen auch Beförderungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 des Güterkraftverkehrsgesetzes.
Darüber hinaus besteht ein Besitzstandsschutz für Fahrerinnen und Fahrer,
- die im Güterverkehr eingesetzt werden, und die ihren Führerschein vor dem 10.09.2009 erworben haben. Diese müssen spätestens bis zum 10.09.2014 eine Weiterbildung (s.u.) absolvieren.
- die im Personenverkehr eingesetzt werden und die ihren Führerschein vor dem 10.09.2008 erworben haben. Diese müssen spätestens bis zum 10.09.2013 eine Weiterbildung (s.u.) absolvieren.
Arten der Grundqualifikation
Die Grundqualifikation ist unterteilt in die Grundqualifikation und die beschleunigte Grundqualifikation.
Grundqualifikation
Der Nachweis der Grundqualifikation kann durch eine Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb bzw. einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf (in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden) erbracht werden oder durch eine erfolgreiche Prüfung bei der IHK.
Die Prüfung bei der IHK umfasst eine theoretische Prüfung von 240 Minuten und eine praktische Prüfung von insgesamt 210 Minuten, die aus den drei Teilen aus einer Fahrprüfung (120 Min.) einem praktischen Prüfungsteil zu Themen wie Ladungssicherung, Notfallsituationen usw. (30 Min.) und einem Sicherheitstraining (max. 60 Min.) besteht. Zur Ablegung der Prüfung ist die Teilnahme an einem Vorbereitungsunterricht nicht vorgeschrieben.
Erforderlich zur Zulassung zur Prüfung ist jedoch der Besitz der jeweiligen Fahrerlaubnis.
Für Prüfungsteilnehmer, die bereits Fachkundenachweise entsprechend den Berufszugangsverordnungen für Güterkraftverkehr und Personenverkehr (GBZugVO und PBZugVO) besitzen, sind Erleichterungen in den theoretischen Prüfungsteilen vorgesehen. Die praktische Prüfung muss jedoch vollständig ablegt werden.
Beschleunigte Grundqualifikation
Die beschleunigte Grundqualifikation wird erworben durch die Teilnahme an einer Schulung von 140 Stunden (zu jeweils 60 Minuten) bei einer anerkannten Ausbildungsstätte sowie die erfolgreiche Ablegung einer 90-minütigen theoretischen Prüfung bei der IHK. Die Teilnahme am Unterricht ist hier verpflichtend. Bei der theoretischen Prüfung sind auch wieder Erleichterungen für Inhaber von Fachkundenachweisen nach den Berufszugangsverordnungen vorgesehen.
Eine Fahrerlaubnis muss für die beschleunigte Grundqualifikation nicht vorliegen.
Mindestalter
Das Mindestalter zum Einsatz der Fahrerinnen und Fahrer in den jeweiligen Fahrerlaubnisklassen hängt von der jeweiligen Qualifikation bzw. der Verkehrsart ab.
Güterkraftverkehr
Klasse C, CE:
Ausbildung Berufskraftfahrer/in oder Fachkraft im Fahrbetrieb oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten: 18 Jahre
Grundqualifikation: 18 Jahre
Beschleunigte Grundqualifikation: 21 Jahre
Klasse C1, C1E:
Ausbildung Berufskraftfahrer/in oder Fachkraft im Fahrbetrieb oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten: 18 Jahre
Grundqualifikation: 18 Jahre
Beschleunigte Grundqualifikation: 18 Jahre
Personenkraftverkehr
Klasse D, DE:
Ausbildung Berufskraftfahrer/in oder Fachkraft im Fahrbetrieb oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten: 18 Jahre (Linienverkehr bis 50 km), 20 Jahre (Gelegenheitsverkehr)
Grundqualifikation: 21 Jahre (Gelegenheitsverkehr)
Beschleunigte Grundqualifikation: 21 Jahre (Linienverkehr bis 50 km), 23 Jahre (Gelegenheitsverkehr)
Klasse D1, D1E:
Ausbildung Berufskraftfahrer/in oder Fachkraft im Fahrbetrieb oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten: 18 Jahre
Grundqualifikation: -
Beschleunigte Grundqualifikation: 21 Jahre
Weiterbildung
Jeweils nach fünf Jahren im Anschluss an den Erwerb der Grundqualifikation bzw. der beschleunigten Grundqualifikation müssen die Kenntnisse durch Teilnahme an einer Fortbildungsschulung aufgefrischt werden. Zum ersten Eintritt der neuen Regelungen sind jedoch "Übergangspuffer" eingeführt worden, die es zulassen, den Weiterbildungsrhythmus und die Gültigkeit der Fahrerlaubnis aufeinander abzustimmen. So können die Fahrerlaubnisinhaber, die keine Grundqualifikation absolvieren müssen (Fahrerlaubniserwerb vor dem 10. September 2008 bzw. 2009) die Fünfjahresfrist um bis zu zwei Jahre überschreiten und den Weiterbildungsnachweis dementsprechend bis zum 10. September 2015 bzw. 2016 erbringen. Diejenigen, welche zur Grundqualifikation verpflichtet sind (Fahrerlaubniserwerb nach dem Stichtag) dürfen den ersten Weiterbildungsnachweis schon nach drei Jahren erbringen - oder auch auf sieben Jahre strecken.
Die Weiterbildung erfolgt in Lehrgängen mit 35 Unterrichtsstunden zu je 60 Minuten. Diese 35 Pflichtstunden können auf einzelne "Blöcke" aufgeteilt und müssen nicht am Stück hintereinander absolviert werden. Allerdings muss ein "Einzelblock" mindestens 7 Stunden umfassen. Die Teilnahme an einzelnen "Weiterbildungsblöcken" kann durch Teilbescheinigungen nachgewiesen werden. Für den Fall, dass ein Fahrer oder eine Fahrerin das Unternehmen wechselt, werden die Weiterbildungsmaßnahmen/-zeiten, die bereits absolviert wurden, angerechnet.
Für die Weiterbildung ist ausschließlich die Teilnahme am Lehrgang verpflichtend. Eine Abschlussprüfung ist nicht vorgesehen.
Dokumentation der Qualifikation
Die Grundqualifikation bzw. die Weiterbildung werden durch den Eintrag im Führerschein dokumentiert. Hierzu ist mit der Richtlinie 2003/59/EG der Gemeinschaftscode "95" eingeführt worden: "95. Kraftfahrer, der Inhaber eines Befähigungsnachweises ist und die Befähigungspflicht gemäß Artikel 3 bis zum __________ erfüllt".
In Deutschland erfolgt hierzu eine Eintragung der Ziffer 95 in Verbindung mit einer Frist in der Spalte 12 der Fahrerlaubnis (Beispiel: 95.01.01.2012). Indirekte Folge dieser Regelung ist, dass der Umtausch "alter Führerscheine" in neue Kartenführerscheine erforderlich wird.
Anerkannte Ausbildungsstätten
Anerkannte Ausbildungsstätten für die beschleunigte Grundqualifikation und die Weiterbildung sind:
- Fahrschulen mit einer Fahrschulerlaubnis der Klassen CE oder DE nach § 10 Abs. 2 des Fahrlehrergesetzes,
- Fahrschulen und Fahrlehrerausbildungsstätten, die nach § 30 Abs. 3 des Fahrlehrergesetzes keiner Fahrschulerlaubnis und keiner Anerkennung bedürfen,
- Ausbildungsbetriebe, die eine Berufsausbildung in den Ausbildungsberufen "Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin" oder "Fachkraft im Fahrbetrieb" oder einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden, durchführen,
- Bildungseinrichtungen, die eine Umschulung zum Berufskraftfahrer/zur Berufskraftfahrerin oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb auf der Grundlage einer nach § 58 oder § 59 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen Regelung durchführen,
- Bildungseinrichtungen, die eine Umschulung zum Berufskraftfahrer/zur Berufskraftfahrerin oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb auf der Grundlage einer nach § 58 oder § 59 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen Regelung durchführen,
Darüber hinaus können Ausbildungsstätten staatlich anerkannt werden, wenn
- sie über die personellen und sächlichen Voraussetzungen für der Vermittlung der für die beschleunigte Grundqualifikation und Weiterbildung erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen
- sie im angemessenen Verhältnis zur Zahl der Aus- und Weiterbildungsteilnehmer ausreichendes Lehrpersonal beschäftigen,
- geeignete Schulungsräume sowie Lehrmittel für die theoretische Unterweisung vorhanden sind,
- eine fortlaufende Weiterbildung des Lehrpersonals nachgewiesen wird und
- keine Tatsachen vorliegen, die gegen die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers sprechen.
Für das Land Niedersachsen wurde mit der "Zuständigkeitsverordnung Berufskraftfahrerqualifikation" vom 7. Mai 2008 festgelegt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte für die Anerkennung sowie Überwachung der staatlich anerkannten Ausbildungsstätten für die beschleunigte Grundqualifikation und die Weiterbildung zuständig sind.
Ansprechpartner für die Berufskraftfahrerqualifikation sind in Niedersachsen die zuständigen Industrie- und Handelskammern (IHK Oldenburg für den Landkreis Cloppenburg - siehe Linkliste auf dieser Seite).